Sättigung Teil 2 – Lieber nicht mit dem Kopf durch die Wand

Im letzten Beitrag über Sättigung, habe ich dargestellt wie durch hinzufügen verschiedener Obertöne ein Signal angereichert werden kann. Dabei zeigte sich, dass klangliche Unterschiede auf die Art der hinzugefügten Obertöne (gerade oder ungerade Harmonische) zurückzuführen sind. Ergänzend zum letzten Beitrag, soll es nun um Oversampling im Zusammenhang mit der Anwendung von Sättigung gehen.

Kenne die Grenzen

Innerhalb der DAW arbeitet man stets mit einer vorgegebenen Abtastrate, die das potenziell darstellbare Frequenzspektrum erfasst. Nach dem Nyquist-Shannon-Theorem, müssen Klänge für eine korrekte Erfassung stets zweimal „abgetastet“ werden. Entsprechend stehen die verschiedenen gängigen Abtastraten jeweils für den halben Wert des möglichen Frequenzspektrums: Eine Abtastrate von 96Khz ermöglicht somit ein Frequenzspektrum bis 48kHz, eine Abtastrate von 48Khz eine Spektrum bis 24kHz usw …

Es wird viel darüber debatiert, ob die Abtastrate eine Auswirkung auf den Klang einer Aufnahme hat. Das menschliche Gehör kann Frequenzen etwa zwischen 20Hz und 20Khz wahrnehmen – im alter läßt die Hörleistung im oberen Spektrum nach. So gesehen scheint eine Abtastraten von 44.1 kHz auszureichen, um Musik befriedigend wiederzugeben. Dies ist auch der Standard für CDs und mit einem Spektrum bis 22.05 kHz reicht es gerade über unser (statistisches) Hörvermögen hinaus. Inwiefern der Mensch jenseits dieser Grenze Dinge wahrnehmen kann ist umstritten. Es gibt Forscher, die nachgewiesen haben, dass höhere Frequenzen durchaus einen Effekt auf unser Gehirn haben.

Unabhängig davon stellt die Abtastrate in der DAW immer eine unüberwindbare Barierre dar. Frequenzen, die über über das mögliche Spektrum hinaus gehen, können nicht korrekt wiedergegeben werden. Problematisch ist dabei, dass die Grenze der Abtastrate ähnlich wie ein Spiegel funktioniert: Frequenzen, die oberhalb der Abtastrate liegen, „prallen“ an der Barriere ab und werden zurück in den darstellbaren Bereich geworfen.

Hier kommt die Sättigung wieder ins Spiel. Stellen wir uns vor ein Sinuston (10kHz) wird bei einer Abtastrate von 44.1kHz mit geraden Harmonischen angereichert. Der erste Oberton wäre bei 20kHz, der zweite 40kHz, der dritte bei 60kHz usw … Bei ungeraden Harmonischen wäre schon der erste Oberton mit 30kHz weit über der Abtastrate. Abb. 1 zeigt deutlich was passiert: Obertöne, die jenseits der Abtastrate liegen werden zurückgeworfen und erklingen sogar unterhalb des Testtons.

Abb. 1: Künstliche Obertöne werden in das darstellbare Frequenzspektrum (Abtastrate 44.1kHz) zurück geworfen.

Testton mit Obertönen

Die Lösung dieses Problems ist einfach: Oversampling. Viele Plugins ermöglichen intern die Abtastrate zu erhöhen (z. T. bis zum 256-fachen!). Dadurch wird die Grenze der Abtasrate verschoben und die Obertöne können dargestellt werden. Entsprechend heißt die Funktion auch manchmal „Antialiasing“. In Abb. 2 sieht man ganz deutlich, wie durch Oversampling die Obertöne, die in Abb. 1 noch in das hörbare Frequenzspektrum zurückgeworfen wurden nun wieder in den Ultraschallbereich hineinreichen.

Abb. 2: Durch Oversampling wird die Abtastrate erhöht. Die Obertöne erstrecken sich nun über ein größeres Spektrum.

Testton mit Obertönen

Oversampling ist nicht die einzige Möglichkeit das Problem zu umgehen. Wenn man von Anfang an mit einer höheren Abtastrate arbeitet (z. B. 96kHz), ist das mögliche Frequenzspektrum größer und Oversampling eventuell gar nicht nötig. Gerade bei niedrigen Abtastraten wie 44.1 Khz oder 48 khz, sollte man deshalb bei der Anwendungen von Effekten, die in das Obertonspektrum eingreifen, mit Oversampling arbeiten. Dabei kommt es jedoch auch auf das Signal an: Ein Bass z. B. hat tendenziell ein relativ geringes hohes Frequenzspektrum, so dass zusätzliche Obertöne die Grenze der Abtastrate wohl kaum erreichen. Anders hingegen sieht es mit Schlagzeugspuren aus. Besonders Becken verfügen über viel Energie im Bereich jenseits von 5kHz. Gerade hier sollte man vorsichtig sein und im Zweifel das Oversampling einschalten, um unerwünschte Artefakte zu vermeiden.

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