In den letzten Beiträgen zum Thema Kompression (Teil 3, Teil 4, Teil 5), ging es um verschiedene konkrete Anwendungen, die sich auf einzelne Spuren bezogen. In diesem Beitrag geht es um die Anwendung von Kompression bei Bus- bzw. Gruppenspuren.
Gruppenbildung
Einzelne Elemente eines Mix in verschiedene Gruppen zusammenzufassen, kann die Arbeit erleichtern und bietet ebenso Raum für weitere kreative Gestaltung. Üblicherweise ergeben sich Gruppen aus Einzelspuren, die eine Instrumentgruppe ergeben: Z. B. alle einzelnen Drumspuren können in einer gemeinsamen Schlagzeuggruppe zusammengefasst werden. Sind die verschiedenen Elemente einer Mischung auf einige Gruppen reduziert, lässt sich dadurch einfach die Balance in einem Mix verändern ohne all zu sehr in Detail gehen zu müssen. Wie würde der Mix klingen, wenn z. B. alle Gitarren etwas leiser wären? Statt jede einzelne Spur runterzudrehen und damit vielleicht die interne Balance zwischen ihnen stören, kann die gesamte Gitarrengruppe leiser gemacht werden.
Gruppenkompression
Sind die einzelnen Spuren in sinnvollen Gruppen zusammengefasst, lassen sich diese Gruppenspuren, wie alle anderen Spuren auch, zusätzlich bearbeiten. Gerade der gezielte Einsatz von EQ und Kompression kann hier noch einiges aus dem Klang rausholen – doch auch hier gilt: Weniger ist mehr. Im Zeifel sollte man lieber darauf verzichten, um dem Mix nicht zu schaden.
Bei der Kompression von Gruppenspuren kommt es auf die gleichen Fragen an wie bei Einzelspuren: Soll die Konsistenz der Performance erhöht werden, müssen Transienten verstärkt oder im Gegenteil abgeschwächt werden? – Entsprechend kommen ähnliche Kompressionsarten zum Einsatz.
Wichtiger Unterschied: Bei Gruppenkompression arbeitet man in der Regel mit recht komplexen Signalen, eine Schlagzeuggruppe z. B. enthält Frequenzen vom tiefsten bis zum höchsten Spektrum und eine Vielzahl an Transienten auf die der Kompressor reagieren kann. Aus diesem Grund funktioniert starke Kompression auf Gruppenspuren meistens nicht, ohne den Klang drastisch zu verändern. Ratio-Werte sollten deshalb i. d. R. eher niedrig sein (zwischen ca 1,5:1 – 4:1). Von großem Nutzen bei Gruppenkompression ist es mit dem Sidechainfilter zu arbeiten: So können tiefe Frequenzen, die oftmals viel Energie enthalten, aus dem Kompressionsweg herausgefiltert werden, was wiederum die Einstellung des Kompressors erleichtert.
Gruppenkompression als Mittel der Klanggestaltung
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten Gruppenkompression anzuwenden, entweder man mischt die einzelnen Spuren und legt an letzter Stelle einen Kompressor über eine Gruppe – man arbeitet also vom Kleinen zum Großen – oder man macht es genau andersherum und beginnt zunächst mit der Gruppenkompression und arbeitet sich dann runter zu den Einzelspuren. Ich persönlich bevorzuge die zweite Variante. Der Grund dafür ist einfach: Wenn ich mich in einer Mischung dafür entscheide einzelne Gruppen oder sogar den ganzen Mix zu komprimieren, so entsteht dies aus einer ästhetischen Überlegung heraus. Manche Stücke verlangen geradezu nach einem komprimierten Sound (z. B. ist ein krachiger, pumpender Drumsound für viele Rock-Produktionen unabdingbar).
Entscheide ich mich dafür Gruppenkompression anzuwenden, so dient sie mir als eine Art Grundierung für den Gesamtsound. Deshalb steht sie am Anfang der Mischung und alle weiteren Entscheidungen gehen dann von diesem spezifischen Grundsound aus. So arbeite ich mich nach und nach vom Großen zum Kleinen. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass auf verschiedenen Ebenen unterschiedlichste und sogar entgegengesetzte Kompressionsarten zum Einsatz kommen: Auf der Stereosumme z. B. eine Einstellung, die den Mix nur leicht verdichtet (langsame Attack-Zeit und Mittlere Release-Zeit im Groove der Musik), auf dem Drumbus ein Kompressor der recht stark das Schlagzeug im gesamten zum pumpen bringt (schnelle Attack-Zeit, schnelle Release-Zeit), aber z. B. auf der Snare wiederum ein Kompressor der den Anschlag hervorhebt.
Wie immer beim Thema Kompression, empfiehlt es sich ausgiebig zu experimentieren.
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