Optimierte Mischungen und Master für digitale Distribution

Immer mehr Menschen konsumieren Musik in rein digitaler Form über ihre Smartphones, Tablets und Notebooks. Dies geschieht mit Programmen oder Apps mit der eigenen Musiksammlung (meist in Form von mp3) oder direkt über Streamingdienste wie Spotify oder Plattformen wie Soundcloud. Auch Youtube ist zu einer wichtigen Musikdatenbank geworden.

Wichtig an dieser Entwicklung ist die immer häufiger gewordene Anwendung von Normalisierungsalgorithmen. Egal ob Abspielgeräte, Programme und Apps oder die verschiedenen Webangebote: sehr häufig wird die Laustärke so angepasst, dass eine mehr oder weniger kohärente Lautstärke gewährleistet wird. Zwischen verschiedenen Stücken muss nicht mehr über den Volume-Regler nachgeregelt werden.

Die Vorgeschichte

Die Tendenz die Pegel von Audiowiedergabe zu standardisieren existiert im Rundfunk schon lange. Um dies zu ermöglichen, gibt es gewisse Richtlinien nach denen Programmmateriel ausgesteuert sein muss. Um Pegel zu messen, gab es im Lauf der Zeit unterschiedlichste Verfahren und Tools (von Analog bis Digital). Seit 2012 gilt für die EU die Empfehlung der EBU R 128 für Rundfunk und Fernsehen. Ähnliche Bestrebungen gibt es auch in den USA. Wichtig bei diesen Empfehlungen ist die Festlegung einer neuen Messeinheit, um Pegel zu beschreiben.

Demnach beträgt der optimale Pegel für Programmbeiträge -23 LUFS (auch hier  wird die negative Darstellung des digitalen Systems übernommen, wo 0 dBFS die absolute Obergrenze darstellt). Die Einheit LU steht in Verbindung mit einem Messverfahren, dass ähnlich wie bei VU- oder RMS-Metern die Lautheit des Materials misst. Allerdings orientiert sich der Algorithmus für die Messungen stärker an der menschlichen Wahrnehmung.

Diese neue Pegelvorgabe bewirkt nicht nur eine höhere Kohärenz des Sendeinhalts, sondern hat auch den Effekt, dass stark komprimierte Werbung nicht mehr lauter klingt. Dem Wunsch der Werbemacher durch Explosionsartiges überrumümpeln Aufmerksamkeit zu erlangen, wird ein Strich durch die Rechnung gemacht.

Was für die Werbung gilt, gilt aber genauso auch für Musik: Bei Normalisierung, geht der „Lautheitsvorteil“ verloren. Lautheit aus Wettbewerbsgründen (Loudness War) wird damit obsolet. Stark komprimierte Alben oder Songs werden dynamischere nicht mehr übertönen. Im Gegenteil: Zu laute Master, werden möglicherweise eher schwächer und leiser klingen als dynamischere.

Die Entwicklungen im Internet

Das Internet war lange frei von solchen Regulierungen, doch in den letzten Jahren zeichnet sich ein Trend ab auch dort immer mehr zu vereinheitlichen. Apple ist hier mit seinem „Masterd for Itunes“ nach vorne geprescht. Dabei geht es darum, das Master so angeliefert werden sollen, dass sie bestimmten Pegelvorgaben entsprechen. Auch Apple orientiert sich an der neuen Einheit LU und gibt -16LUFS mit einem Peakmaximum von -1dBFS vor. Begründet wird dies v. a. mit der Umwandlung der Wav-Dateien in das verlustbehaftete AAC-Format. Dabei würde durch die Einhaltung dieser Pegelvorgaben, die bestmögliche Umwandlung ermöglicht. Ein Master, dass diesen Spezifikationen im Vergleich zu aktueller Musik flüsterleise.

„Masterd für Itunes“ ist jedoch nicht verpflichtend: Man kann immer noch sehr laute Master zur Umwandlung geben. Allerdings werden auf Itunes alle Stücke normalisiert – somit hat der „Lautstärkevorteil“ dort keine Bedeutung.

Interessant ist der Wert -16LUFS, da er sich auch in einer Empfehlung der AES aus dem Jahr 2015 findet. Dort wird -16LUFS als anzustrebender Pegel für das Internet postuliert. Ein solcher Pegel stelle aus Sicht der AES einen Kompromiss zwischen Dynamik und Abspielfreundlichkeit für mobile Geräten dar.

Einen anderen Weg geht Youtube: Dort hat der Nutzer keine Wahl. Seit 2014 werden alle Videos normalisiert. Nach welchen Kritierien ist jedoch nicht ersichtlich. Allerdings kursiert ein Pegel von etwa -13LUFS als Referenz in verschieden spezialisierten Foren. Dies ist verglichen mit den -23LUFS im Rundfunk immer noch sehr laut, aber auch noch deutlich leiser als viele aktuelle Master.

Was bedeutet das für zukünftige Veröffentlichungen?

Noch ist ein einheitlicher Standard nicht gefunden und durchgesetzt, aber es zeigt sich eine Tendenz zu einer immer stärkeren Angleichung. Für eine optimale Wiedergabe über diese Verschiedenen Systeme können Mischungen und Master leicht angepasst werden bevor sie auf einen Normalisierungsalgorithmus treffen. Lautheit spielt keine Rolle mehr und dadurch können auch dynamische Master veröffentlicht werden. Aktuell würde ich empfehlen zwischen Youtube und Itunes anzusetzen: Mit dem Wert von Youtube -13LUFS als Obergrenze und dem Wert von -16LUFS als Optimum. Grundsätzlich können aber auch zwei Master hergestellt werden, eins für die Veröffentlichung auf Tonträgern, dass sich bei der Lautheit noch am Zeitgeist orientiert, und eins für die digitale Veröffentlichung.


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